Tag 2 der Aktionstage: 26. November 2025 Die Maske der Kontrolle

By Gudrun
Maske 2. Gudrun Wippel. Ton. Maske der Kontrolle-Selbstkontrolle
Maske 2. Gudrun Wippel. Ton. Maske der Kontrolle-Selbstkontrolle

Tag 2 der Aktionstage: 26. November 2025

Die Maske der Kontrolle
Ein Blick auf die Schutzstrategien, die uns halten – und uns festhalten.

Nach dem ersten Blick hinter die äußeren Masken widmen wir uns heute der Maske der Kontrolle – der Rolle, die uns Sicherheit gibt, uns aber gleichzeitig von unserem wahren Ich trennt. Welche Strategien haben wir entwickelt, um zu überleben, und welche Last tragen sie noch immer?

Masken der Niedertracht nennt Marie-France Hirigoyen ihr bekanntes Buch über narzisstische Dynamiken und die Mechanismen seelischer Gewalt im Alltag.
Die französische Psychotherapeutin und Familientherapeutin beschreibt darin eindrücklich, wie Manipulation, psychische und emotionale Gewalt wirken – und wie man lernt, solche Muster zu erkennen und sich dagegen zu wehren.

Auch Täter:innen tragen Masken.
Darauf komme ich später zurück.

Zunächst richte ich den Blick auf die betroffenen Frauen und Mädchen.

Dieses Projekt erzählt von Masken – von den Rollen, die wir im Laufe unseres Lebens aufsetzen, um zu funktionieren.
Von Schutzmechanismen, die wir als Kinder entwickeln mussten, um in gewaltvollen oder überfordernden Strukturen zu überleben.

Die Masken stehen für das, was uns verdeckt – aber auch für das, was uns getragen hat.

Jede Maske ist eine Geschichte.
Jede Schicht ist eine Spur zurück zu dem, was darunter liegt:
zu dem verletzten Ich, zu dem wahren Ich.

Eine dieser Masken ist die Rolle der Verantwortlichen – der Kümmernden, derjenigen, die für alle anderen da ist.
Auch das ist eine Maske.

Sie richtet den Fokus auf die Bedürfnisse der anderen – und lenkt gleichzeitig von uns selbst ab.
Solange wir uns kümmern, müssen wir unsere eigenen verletzten, abgespaltenen Anteile nicht fühlen.
Und wir hoffen: Wenn ich gut genug bin, werde ich gesehen, anerkannt, geliebt.

Masken schützen uns – sie verbergen uns, sie machen uns unsichtbar, wenn Sichtbarkeit zu gefährlich wäre.
Aber Masken haben auch etwas Beängstigendes.
Denn was befindet sich unter ihnen?

Welche Schatten, welche verborgenen Gefühle, welche Wahrheiten, die wir selbst lange nicht sehen konnten oder wollten?
Welche Angst vor dem eigenen Kern – vor dem Ich, das so oft beschämt, abgewertet oder verletzt wurde?

Genau deshalb fürchten wir uns vor dem Moment, in dem die Masken fallen.
Sie haben uns geschützt – doch sie können uns auch gefangen halten.
Sie trennen uns von unserem eigenen Fühlen, von unserer Lebendigkeit, von dem Wissen, wer wir wirklich sind.

Ich beginne in diesem Projekt mit einer Maske, die viele kennen: der Maske der Kontrolle.
Der Selbstkontrolle.

Sie bewahrt uns nicht nur vor Menschen, die uns verletzt haben –
sie bewahrt uns auch vor der Begegnung mit unserem authentischen Selbst.
Weil dieses Selbst verletzt wurde. Manchmal einmal. Manchmal oft. Manchmal immer wieder.