"16 Tage gegen Gewalt gegen Frauen": 28. November 2025 - "Die Maske der Verantwortlichen" 

By Gudrun

Die Maske der Verantwortlichen 
Wenn Fürsorge zur Überlebensrolle wird

Nach der Maske der Kontrolle widmen wir uns heute einer weiteren Rolle, die viele Frauen in Kontexten von psychischer, emotionaler oder körperlicher Gewalt entwickeln: der Maske der Verantwortlichen, der Kümmernden, derjenigen, die für alles und alle da ist – nur nicht für sich selbst.

Auf den ersten Blick positiv: Empathie, Hilfsbereitschaft, Engagement. Doch im Kontext von Trauma verändert sich ihre Bedeutung.

Viele Frauen lernen früh, dass Fürsorge und Anpassung Sicherheit versprechen:
Wenn ich freundlich bin, funktioniere, es allen recht mache – dann werde ich vielleicht gesehen. Vielleicht geliebt. Vielleicht bleibt die Gewalt aus.

Dieses Verhalten kennen viele unter dem Begriff People Pleasing – das ständige Bestreben, es anderen recht zu machen, um Anerkennung, Schutz und Zugehörigkeit zu erhalten.

Oft entstehen solche Muster bereits in der Kindheit, dort, wo Liebe an Bedingungen geknüpft war, Manipulation, emotionale Vernachlässigung oder Missbrauch den Alltag prägten.

Die Maske der Verantwortlichen wird so zu einer Überlebensrolle: Sie ordnet Chaos, stabilisiert Beziehungen, schützt vor Eskalation – und lenkt gleichzeitig weg von den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen.

Doch diese Maske hat ihren Preis. 
Solange wir uns auf die Bedürfnisse anderer konzentrieren, verlieren wir leicht den Zugang zu unseren eigenen. Wut, Trauer, Angst und Schmerz werden weggeschoben – oft über Jahre –, weil es gefährlich war, sie zu zeigen. Der Körper erinnert, doch wir dürfen nicht fühlen. 
Die Maske schützt – aber sie hält uns auch gefangen. Sie trennt uns von unserem eigenen Fühlen, von der Lebendigkeit, von der Erkenntnis, wer wir wirklich sind.
 
Wege zurück zu sich selbst

Struktur, die trägt – nicht Verpflichtung gegenüber anderen:
Wie fühlt sich ein Tag an, der nicht von Erwartungen anderer gefüllt ist, sondern von etwas, das dich selbst nährt?

Verbindung, die nicht von Leistung abhängt:
Wo gibt es Orte, Menschen oder Momente, in denen du einfach sein darfst – ohne „nützlich“ sein zu müssen?

Sinn, der aus dir selbst entsteht:
Was bewegt dich, unabhängig davon, ob es jemandem dient?
Was bringt dich zum Leuchten, ohne dass du etwas leisten musst?

Diese Fragen sind Teil des Weges zu dir selbst, hinter deine Masken – eines Prozesses, der Mut, Geduld und Mitgefühl mit dir selbst braucht.

Dieses Projekt möchte Frauen bestärken, die Masken zu erkennen, ihre Funktion zu verstehen – und vielleicht zum ersten Mal zu spüren, dass sie mehr sind als die Rollen, die ihnen abverlangt wurden.

Hinter jeder Maske steht ein Ich, das gesehen werden will.
Ein Ich, das verletzt wurde – und das heilen kann.
Ein Ich, das existiert, lange bevor es eine Rolle annehmen musste.