Hinter der letzten Maske...
Dieses Kunstprojekt entstand im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt gegen Frauen“ 2025 und widmet sich einer Form der Gewalt, die oft übersehen wird: der emotionalen Gewalt, psychischen Gewalt. Sie hinterlässt keine sichtbaren Spuren – aber sie beeinflusst Identität, Selbstwert und Lebensrealität tiefgreifend.
Warum dieses Thema?
Psychische Gewalt ist eine der häufigsten Formen von Gewalt gegen Frauen.
Sie beginnt leise: durch Kontrolle, Abwertung, Manipulation, emotionale Abhängigkeit oder subtilen Druck.
Sie zerstört Selbstvertrauen, Entscheidungsfreiheit und Sicherheit.
Indem wir darüber sprechen, sichtbar machen und künstlerisch verarbeiten, setzen wir ein Zeichen:
Gewalt hat viele Gesichter – und alle verdienen Aufmerksamkeit.
Dieses Projekt ist ein persönlicher und zugleich kollektiver Weg auf dem ein vielschichtiger Erfahrungsraum über Trauma, Identität und Selbstwerdung entsteht.
Inspiriert von einem Alptraum, den die Künstlerin als kleines Kind hatte, beschäftigt sie sich mit einem Prozess, der uns hinter die Masken führt.
„In einer finsteren Grube stand eine dunkle Gestalt, sah mich an, und nahm eine Maske von seinem Gesicht ab – und darunter lag eine Maske, die die Gestalt auch abnahm, um wieder eine Maske zum Vorschein zu bringen, so ging es weiter - eine Maske unter der anderen.... Das wahre Gesicht konnte ich nicht sehen. Genau das machte am meisten Angst.“
Dieses Bild hat mich mein Leben lang begleitet und wurde zum Symbol für die Schichten familiärer Traumata und den langen Weg zurück zu mir selbst.
Viele Frauen lernen, „Masken“ zu tragen: Rollen, die anderen gefallen sollen, die Sicherheit versprechen und gleichzeitig die eigene Stimme zum Schweigen bringen. Hinter diesen Masken stehen Anpassung, Angst vor dem Verlassenwerden und der Versuch, den Erwartungen anderer gerecht zu werden. Doch dieser Schutz kostet Kraft, trennt von der eigenen Identität und führt zu innerer Erschöpfung.
Einladung an die Besucher*innen
Dieses Projekt möchte berühren.
Es möchte Raum geben für Reflexion, Identifikation und Gespräche.
Und es möchte Frauen bestärken, die beginnen, ihre eigenen Masken zu erkennen – oder bereits dabei sind, sie Stück für Stück abzulegen.
Statt mit Bildern will ich hier mit Worten beginnen
Gedanken darüber, wie psychische Gewalt wirkt – und wie heilsam es ist, die eigenen Masken zu erkennen und nach und nach abzulegen.
Das Gedicht beschreibt den Weg durch drei innere Räume:
den Ort der Erwartungen anderer, den Ort des idealisierten Selbst – und schließlich den Ort des authentischen Seins.
Es erzählt von Abhängigkeit, Erschöpfung und der Suche nach Zugehörigkeit, aber auch von Mut, Bewusstsein und dem Weg zurück zur eigenen Kraft.
Der Weg zurück zu dir selbst
(von Gudrun Wippel)
Zu sein, wie ich sein soll, ist ein sicherer Ort.
Es fühlt sich bekannt an.
Ich bin sicher, weil ich so bin, wie die Menschen, die ich brauche, mich haben wollen –
denn dann habe ich keine Angst, verlassen zu werden.
Dann kann ich sogar hoffen, geliebt zu werden.
Vielleicht gehöre ich dann dazu.
Aber werde ich jemals perfekt sein, wie sie es wollen?
Werde ich das jemals erreichen?
Und – fatalerweise – alle wollen etwas anderes.
Der Ort, an dem andere mir Halt und Sicherheit geben.
Wollen? Sollen?
Und ich bin niemals frei.
Ich passe mich an.
Ich bin abhängig.
Es ist anstrengend.
Ich trage viele Masken.
Zu sein, wie ich sein will, ist ein Ort, in dem alles ist,
was ich an anderen Menschen liebe und bewundere.
Erstrebenswert.
Ich achte darauf, dass dort nichts ist, was ich an anderen nicht mag.
Das ist ein Ort, der mich abgrenzt.
Ich setze Grenzen und erschaffe mich selbst.
Ein künstlicher Ort.
Ich trage immer noch viele Masken.
Ich meine nur, dass ich frei bin.
Und ich bin niemals perfekt.
Ich muss vieles unterdrücken, was nicht passt.
Wieder Masken.
Es ist anstrengend, kostet viel Energie.
Zu sein, wie ich bin.
Das ist zu Hause.
Der Ort meiner Energie und Kraft.
Des Gefühls und Fühlens.
Das ist echt, authentisch.
Das ist der Ort, an dem ich stabil bin
und Halt aus mir selbst heraus habe.
Der Ort, an dem ich verwurzelt bin,
mit beiden Beinen fest auf der Erde.
Ich bin in meiner Kraft.
Der Ort des Selbst.
Wenn die Masken fallen.